Archiv der Kategorie: Pflanzenportraits

Wer wartet am Weg? – Ein Portrait der Wegwarte

Was für ein tolles Blau, strahlend wie der Himmel! Die Wegwarte (Cichorium intybus) blüht vom Juli bis Oktober in Getreidefeldern, Wegrändern und Schuttplätzen und hat schon zu allen Zeiten für Geschichten und Mythen gesorgt. Nach manchen Vorstellungen sind die seltenen weißen Blüten der Wegwarte verwunschene gute Menschen, die häufigen blauen Blüten sollen schlechte Menschen gewesen sein.

Eine häufige Geschichte ist die von der Geliebten eines Ritters, der sie wegen eines Kreuzzugs verließ. Die Gute wartete und wartete und irgendwann habe der Himmel ein Einsehen gehabt und sie in eine (weiße) Wegwarte verwandelt. Ob es sich als Pflanze besser wartet?

Allerlei Zauberkraft soll die Blume haben: mal wird behauptet, sie mache unverwundbar, mal soll sie gegen Blitzeinschlag helfen und manchmal helfe es, wenn man eine Nacht darauf schläft, damit man am nächsten Tag verlorene Dinge wieder findet. Und in der Romantik war sie Stoff für manches Liebeslied, denn die Pflanze würde helfen, Menschen für sich zu gewinnen. Sapperlot! So viele Geschichten um eine Pflanze, die man kaum beachtet.

Wirklich abenteuerlich lesen sich die Heilwirkungen. Das Kraut soll gegen fast alles helfen: Hautkrankheiten, Ekzeme, bei Krankheiten der Leber, Galle, Milz, Magen, Rotlauf, Fieber, Niere, Gelbsucht, Gicht und wer weiß noch was. Es wird äußerlich und innerlich verwendet und hält hoffentlich niemanden davon ab, bei ersten Krankheiten den Arzt auf zu suchen. Die Kulturform dieser Blume nennt sich Zichorie. Und aus der Wurzel wurde in Zeiten, in denen der Kaffee knapp wurde, ein Kaffeeersatz gemacht. Wurzel geröstet und gemahlen, fertig war das Kaffeepulver für den „Blümchenkaffee“ oder „Muckefuck“!

Trotz aller Verwendungsmöglichkeiten kann man die Wegwarte aber auch einfach stehen (und warten) lassen. Genauso wie all die Pflanzen, die jetzt und in Zukunft in der Schauanlage in Bretzenheim wachsen.

Die Weide – eine Augenweide

Weiden (Salix) sind ein Teil der heimischen Pflanzenwelt, der viel mehr Beachtung verdient. „Sie werden große Bäume und wachsen am Wasser“ – so denken viele. Dabei hat diese Gattung viel mehr zu bieten. Es gibt unter den zahllosen heimischen Arten auch solche, die als nicht zu große Sträucher wachsen und die auch Trockenheit vertragen.

Die Rinde der Weide enthält den medizinischen Wirkstoff Salicylsäure, der Fieber senkt, Schmerzen lindert und Entzündungen hemmt (industrielle Nutzung durch z.B. Aspirin).

Die Weide war im Volksglauben der Baum der Hexen und Geister und hatte den Ruf, Unfruchtbarkeit und Impotenz zu bewirken. Sie wurde deshalb immer mit Kummer und verlorener Liebe verbunden. Weidenholz zu verbrennen würde Unglück bringen! „Zauberstäbe“ und Wünschelruten waren einst u. a. aus Weidenzweigen.

Die Weide war Demeter geweiht, der Göttin der Fruchtbarkeit der Erde und galt als heilender Baum, der die Fähigkeit besaß, Unheil und Krankheit durch einen Zauberspruch auf sich zu nehmen. Man stellte sich in die hohlen Weidenstämme und „verbannte“ seine Krankheit (vor allem Fieber, Gicht) mit Gebeten.

Weiden in Klostergärten gepflanzt sollte Linderung der Lust und der Unkeuschheit bewirken.

Aber auch ohne diese Geschichten sind Weiden einfach schön und überaus nützlich. Sie gehören in jeden Naturgarten. Ihr Blattschmuck wertet jede Hecke auf, und ihre meist sehr frühen Blütenkätzchen bringen Duft und zarte Farben in den Garten. Und noch etwas: Kaum eine heimische Gehölzgattung ist für unsere Kerbtiere wie Wildbienen und Hummeln so wichtig wie die Weiden!

In den Versickerungsflächen, die an die Naturnahe Schauanlage angrenzen, wurden und werden vom Arbeitskreis Naturnahes Grün der Lokalen Agenda 21 auch Weiden angepflanzt. Und vielleicht sind sie schon bald eine „Augenweide“!

Was gerade im Naturschaugarten blüht: Der Rote Geißklee

Im NaSchau hat die Blüte des Roten Geißklees (Cytisus purpureus) vor einigen Tagen begonnen. Ist er nicht hübsch? Eine wunderbare Pflanze für Naturgärten! Er heißt wegen seines angenehmen Blütenduftes nach Rosen und seiner lichtroten Blüten treffend auch Rosenginster. Sein Laub ist blaugrün und z.T. etwas rötlich, die Zweige im Winter oft dunkelflied (violett). Die Hummeln lieben seine Blüten. Im NaSchau wurde er flächig als Bodendecker und oberhalb der Trockenmauern gepflanzt. Für beide Verwendungen eignet er sich besonders, denn er wird nur bis etwa 50 cm hoch, wächst überhängend und treibt kurze Ausläufer. Er ist geeignet für sonnige bis lichtschattige Standorte auf eher mager und trockenen Böden. Sein natürliches Vorkommen hat er in den Südost-Alpen auf Felshängen, in Föhrenwäldern und auf Magerweiden. Ich habe ihn einmal bei einer Exkursion in Südtirol etwas südlich von Bozen an einer Felswand in einem lichten, artenreichen Wald gesehen.

Roter Geißklee (Cytisus purpureus)
Roter Geißklee (Cytisus purpureus)

 

Weiße Narzisse (Narcissus poeticus)

Außerdem blühen im Schaugarten noch: Zottiger Geißklee, Weiße Narzisse, Strauch-Kronwicke, Gamander-Spierstrauch, Besenginster und als erste Bibernellrose die Sorte 'Glory of Edzell'.

(Beitrag von Christoph Weinrich)