Archiv der Kategorie: Pflanzenportraits

Gallengedicht

Es ist nicht nötig, dass uns allen die Gallen gefallen, doch meist hat man’s ohnehin verpennt, dass man überhaupt erkennt, was das ist, und wer da sich in Pflanzengeweben eben mal frisst, sticht, beißt, und was das für die Pflanze heißt, nämlich, wie dämlich: Ich bin verletzt und auch entsetzt. Ich wucher‘ jetzt die Wunde zu. Dann hab ich bald schon wieder Ruh‘.

Verursachen kann das eine Wespe, Fliege, Milbe, Laus und das sieht dann ganz verschieden aus. Wie es wuchert, das ist gar sehr bizarr, in vielen Formen ohne Normen, und enden meist mit „-ig“, z.B. kugelig, schwulstig dick, farbig, manchmal pustelig und meist auch schick. Die Wucherung umschließt dann oft den Nachwuchs vom Insekt, der darin steckt, bis den der Frühling weckt.

Diese Wucherungen hat die Lindengallmilbe gemacht. Ist ja ganz schick, hab ich mir gesagt. Und der Linde schadet es nicht auf lange Sicht.

Der Hut eines Kardinals?

Wenn man sich mit heimischen Pflanzen beschäftigt, hat das oft ungeahnte Folgen. So muss ich, seitdem ich davon gelesen habe, beim Anblick von Kardinälen immer an die Pflanze „Pfaffenhütchen“ denken. Nicht nur ich behaupte, dass die Mützen (Biretts), welche die Häupter dieser Kirchenoberhäupter bedecken, ungewöhnliche Ähnlichkeiten mit den Früchten des Gewöhnlichen „Pfaffenkapperls“ haben.

In der (für mich nicht nachvollziehbaren) Signaturenlehre weisen Form und Farbe einer Pflanze als Hinweis der Natur (bzw. Gott) darauf hin, bei welcher Krankheit man welche Pflanze nutzen kann. Das stellt mich vor ein Rätsel: Was will Natur (bzw. Gott) mit der großen Ähnlichkeit der giftigen Pfaffenhütchen mit den Hütchen von Kardinälen ausdrücken? Fragen über Fragen, ich habe keine Ahnung!

Ich weiß nur: Die Pflanze ist wunderschön, der Nektar lockt viele Insekten an, und Drosseln und Rotkehlchen genießen unbeschadet das Fruchtfleisch um die Samen. Wir können das jedoch nicht essen, da können Sie Gift drauf nehmen!

Ein blaues Wunder

Hätten Sie 1957 die erste Sendung von „Der kleine Maulwurf“ gesehen, dann wüssten Sie, wie der Maulwurf zu seiner Hose gekommen ist. Aber nein, ich hab das auch noch nicht gesehen, war ja fast noch nicht geboren. Ich weiß aber inzwischen, dass die Hose aus Lein war. Richtig, aus dieser Pflanze, dem Lein.

Lein, das ist also ohne Flachs Flachs, eine uralte Kulturpflanze, die schon im fünften Jahrtausend v. Chr. in Ägypten und Mesopotamien genutzt wurde. Das Leinen war so gut, dass manche Mumie heute noch nett angezogen ist.

Das Potential dieser Pflanze ist, finde ich, nicht erkennbar. Für mich ist das erst mal nur eine wunderschöne Blume, die gerne auch auf magerem Boden wächst. Und die ich gerne in meinem Garten zur Zierde hätte. Aber, dass Lein auch wertvolles Leinöl liefert und in meinem Müsli zugesetzt mein Cholesterin in guten Grenzen hält, das weiß ich von meiner Frau. Vielleicht wurde das aber auch schon in der Geschichte vom „Kleinen Maulwurf“ erklärt. Fernsehen kann ja durchaus bilden!

Für das Foto besten Dank an Gisela Wolff.

Eine besondere Nelke

Weil diese Nelkenart mir am 1. November ein schönes Motiv beim Wandern bot, will ich etwas über sie schreiben. Sie ist allerdings nicht in unserem Naturschaugarten.

Schon im Mittelalter wurde die ausdauernde Blume in Klostergärten gepflanzt. Das sorgte vermutlich für die Benennung „Kartäuser-Nelke“, denn das Kloster eines Ordens lag im franz. „Chartreuse“.

Man nutzte die Heilpflanze gegen Bisse von Schlangen, gegen Zahnschmerzen und gegen Rheuma. Der Kartäuserorden beherrscht noch heute die Produktion eines Likörs aus vielen Kräutern und diesen Nelken.

Die duftende Wildblume ist außer bei dem Mönchen auch beliebt bei 13 Wildbienen- und 15 Schmetterlingsarten und 7 Raupenarten. Drei von den letzteren sind auf sie spezialisiert. Und letztere sind auch deutlich abhängiger von dieser Nelke wie etwa die Mönche von dem Kartäuserlikör.

Schön, aber schön kratzig!

Kratzdistel klingt nicht so nett, Wollkopf dagegen schon. Drum hat man sich gedacht: Mit beiden Namen zusammen macht man diese Distel attraktiver. Gläubige Menschen können sie auch Mönchskrone nennen. 😉
Aber mit Namen das Image dieses Korbblütlers zu verbessern, das braucht es nicht. Ein einziger Blick an einem sonnigen Tag genügt, um sich in die kratzige Schönheit zu verlieben! Da tummeln sich Bienen, Hummeln, Rosenkäfer, von Juli bis September. Es herrscht fast immer ein emsiger Betrieb. Wer es genau wissen will: 84 Arten von Wildbienen, 36 von Schmetterlingen, 16 von Raupen, 36 von Schwebfliegen und 6 Käferarten besuchen diese Disteln. Langweilig wird da Insektenbeobachtung nicht.

Die Distel ist zweijährige, im ersten Jahr bildet sie aber nur eine Rosette, doch im zweiten Jahr hat sich dann das Warten gelohnt. An einem sonnigen Standort kann sie bis zu zwei Meter hoch werden. Das heißt für Fotografen: Endlich mal nicht bücken!