Archiv der Kategorie: Pflanzenportraits

Portrait des Ruprechtskrauts

Kleine, rosafarbene Blüten leuchten jetzt von Mai – Oktober an schattigen Stellen, in Waldlichtungen, Gebüschen, an Mauern, auf Geröllhalden. Diese interessante Wildpflanze wird bis zu 50 cm groß und kann sogar in Höhlen leben. Um mit geringer Sonneneinstrahlung zurecht zu kommen, ist es ihr möglich mit Hilfe von Blattgelenken die Blätter zum größten Lichteinfall zu richten. Sie heißt Ruprechtskraut oder Stinkender Storchschnabel (Geranium robertianum).

Woher kommen diese Namen? Ruprechtskraut kommt vermutlich aus dem althochdeutschen Wort „ruodperht“ für „rotglänzend, rotleuchtend“, da sich im Herbst und an besonders trockenen Standorten Stängel und Blätter leuchtend rot färben. Und „Stinkender Storchschnabel“? Der Begriff „Storchschnabel“ kommt von der Form der Frucht, die wie ein langer Schnabel aussieht. Bei der Reife reißen die Fruchtklappen nach oben auf und schleudern die Samen weg. Und „stinkend“? Wenn man das Kraut zwischen den Fingern zerreibt, ist ein etwas unangenehmer Geruch Erklärung genug. Andere Namen für die Pflanze beziehen sich ebenfalls darauf: Stinkerkraut, Wanzenblume. Das ist nicht nett, den dieses Gewächs gilt seit alter Zeit als sehr wirksame Heilpflanze. Hildegard von Bingen empfiehlt sie im 12. Jahrhundert zur Reinigung von Nasen und Rachenschleim und als Mittel gegen Blasensteine und Harnbeschwerden. Im 17. Jahrhundert wurde die Pflanze als Heilmittel bei Geschwüren und Wundfäule, Brust-, Magen- und Darmentzündungen, Brustkatarrh, Lungenbluten genannt. Da passt der Name „Gottelgnadenkraut“ gut. Heutzutage wird das Wildkraut wenig genutzt. Außer von Bienen und Bienenverwandten: die besuchen die Pflanze viel lieber als die verwandte Balkongeranie.

Portrait der Eberesche

Wenn Blätter von den Bäumen stürzen, die Tage sich verkürzen, — oh nein, jetzt keine herbstliche Traurigkeit, sondern ein Loblied auf ein Gewächs: die Eberesche (Vogelbeere).

Mit ihren scharlachroten Früchten erfreut sie nicht nur den Betrachter, sondern ist eine vorzügliche Nahrungsquelle für 60 Vogelarten. So kommen diese Tiere dank der vitaminreichen Kost besser über den Winter.

Viel Erstaunliches bietet die Eberesche:

Die Beeren enthalten mehr Vitamin C als Zitronen! Der Genuss größerer Mengen frischer Beeren sorgt allerdings für Magenbeschwerden. Bitterstoffe verhindern, dass man zuviel davon isst. Nach dem ersten Frost oder nach Abkochen sind die Beeren genießbar. Die obstbauliche Nutzung ist seit dem Mittelalter bekannt. Karl der Große ließ Vogelbeeren pflanzen. Sie dienten als Heilmittel gegen Skorbut, Lungenkrankheiten und Verstopfung. Die Ausbeute der „Zitrone des Nordens“ für Saft, Gelees usw. ist allerdings gering und aufwendig. Blätter und Blüten werden Heilkräfte bei Husten und Bronchitis zugeschrieben.

Die Eberresche, Sorbus aucuparia, leitet sich von aucupium = Vogelstellerei ab. Denn sie wurde früher für den Singvogelfang genutzt. Dies zählte zu den Vergnügen des kleinen Mannes und bis 1860 landeten trotz Verbote viele Vögel in deutschen Bratpfannen. Die Eberesche ist über Jahrhunderte stark im Leben der Menschen verankert und um sie ranken sich viele Mythen. Keltische Druiden schnitzten Zauberstäbe aus Ebereschenholz, Orakel- und Gerichtsplätze waren von Ebereschen eingerahmt. Sie sollten vor bösem Zauber und Unheil schützen.

Auch bei den Germanen galt dieser Baum als Glücksbringer und war dem Gewittergott Donar (Thor) geweiht. Thor konnte sich aus einem reißenden Fluss retten, indem er sich an einem Ebereschenbaumzweig herauszog. – Um vor Drachen, Blitzen, Hexen und bösen Blicken zu schützen hängte man Ebereschenzweige in die Fenster oder über die Türen.

Auch ohne diese Mythen ist der Baum erstaunlich. Als robuste Baumart kommt er fast mit allen Böden zurecht und hält gar starken Immissionsbelastungen stand. Im Frühjahr sind Ebereschen wichtige Bienennährgehölze. Sie sind Nist- und Ruheplätze für Vögel.

Es gibt in manchen Gegenden einen alten Brauch, zur Hochzeit einen Baum zu pflanzen. Wäre es nicht schön, diesen Brauch aufleben zu lassen? Die Eberesche gilt als Baum des Glücks!

Portrait des Weidenröschens

Ist Ihnen diese Pflanze auf dem Bild bekannt?

In Waldlichtungen und an Straßenböschungen finden Sie dieses wunderschön blühende Wildkraut. Purpurrot leuchtet es, das Schmalblättrige Weidenröschen. Herrlich!

Erinnern Sie sich? Der „Jahrhundert-Sturm Lothar“ wütete fürchterlich und entwurzelte ganze Waldstücke, besonders in Süddeutschland. Es entstanden großen Waldlichtungen. Das Schmalblättrige Weidenröschen (Epilobium augustofolium) erobert sich schnell solche Lebensräume und bildet innerhalb kurzer Zeit Massenbestände, obwohl vorher nur hier und da ein Exemplar zu sehen war. Der Grund dafür ist die lange Keimfähigkeit der Samen, die nach Jahren des Ausharrens im Boden durch Licht- und Wärmeeinwirkung zum Leben erweckt werden. Das Weidenröschen wird deshalb auch als typische Schlagpflanze bezeichnet. Das bis zu zwei Meter hohe Kraut besiedelt frische, nährstoffreiche Böden, die meist sehr kalkarm sind. Die mehrjährige Staude gehört zur Familie Nachtkerzengewächse (Onagraceae).

Als Bodenvorbereiter und -befestiger schafft die weitkriechende und tiefwurzelnde Pflanze den Standort für Sträucher und Bäume, die sich bald wieder ansiedeln. Die herrliche Pflanze wird von zahlreichen Insekten besucht und bestäubt.

Vor der Blüte geerntet, kann man die jungen Blätter als Salat oder kohlähnliches Gemüse zubereiten. Die etwas süßlichen Stocksprossen ergeben, wie Spargel zubereitet, ein nahrhaftes Gemüse. Die Blätter werden getrocknet als Tee verwendet, bei längerer Anwendung können allerdings Magen- und Darmbeschwerden auftreten.

Wer kann zu so einer schönen Pflanze schon „Unkraut“ sagen? Wenn Kommunen an Straßenrändern und in Grünanlagen mehr Wildwuchs dulden, wird das häufig von Bürgern nicht akzeptiert. Dabei dient eine vielfältige Wildkrautflora nicht nur als Lebensgrundlage für zahlreiche Tierarten, sondern bereichert mit Farbenpracht und Düften auch den menschlichen Lebensraum. Wenn heute in den Siedlungsräumen wieder mehr Freiräume für heimische Natur geschaffen werden, kommt das sowohl dem Naturschutz wie den menschlichen Lebensbedürfnissen zugute. Viele Pflanzen in Siedlungen sind zudem als ein altes Kulturgut ebenso schützenswert wie Baudenkmäler.

Der Arbeitskreis Naturnahes Grün der Lokalen Agenda 21 setzt sich für diese Belange ein und möchte in der künftigen Schauanlage in Bretzenheim Bürger begeistern, mehr heimische Gewächse in ihren Gärten anzupflanzen.

Portrait des Scharbockskrauts

Frühling, wie herrlich! Jeder Farbtupfen eine neue Freude! Im lichten Schatten von Bäumen und Sträuchern sind jetzt kleine leuchtend goldgelbe Blüten zu sehen: Das Scharbockskraut.

Dieses Wildkraut aus der Gattung der Hahnenfußgewächse ist neben der Anemone der erste Bodenblüher unserer Wälder und Gehölze. Es wächst an feuchten, schattigen Orten. In kürzester Zeit ergrünt es und blüht von März bis Mai. Hier finden Bienen ihr Frühlingsmahl.

Die kleine Pflanzen wachsen gesellig in größeren Beständen. Das Wildkraut kann sich gegen die widrigen Wetterverhältnisse des Vorfrühlings hervorragend schützen. Eine zuckerartige Verbindung dient als Frostschutz und senkt den Gefrierpunkt der Pflanzenzellen herab. So früh zu wachsen hat auch Vorteile: Da andere Pflanzen zu dieser Zeit kaum höher wachsen, muss das Scharbockskraut kaum um seine Flächen kämpfen.

Wenn das Blätterdach der Bäume sich schließt, beginnt das Wildkraut zu welken, später ist von der Pflanze nichts mehr zu sehen als Wurzelknollen, über die sich die Pflanze hauptsächlich verbreitet.

Wo kommt dieser seltsame Name her? „Scharbock“ sagte man früher für Skorbut. Das Kraut wurde bei dieser Vitamin-C-Mangelerkrankung verzehrt. Dazu mussten die Blätter vor der Blüte der Pflanze geerntet werden. Mit dem Verzehr von größeren Mengen sollte man allerdings vorsichtig sein. Während und nach der Blüte sind die Blätter scharf und giftig, wie bei allen Hahnenfußgewächsen.

Ein paar Scharbockskräuter wachsen unter den Bäumen am Milchpfad, dort wo der Naturschaugarten Lindenmühle entstanden ist.

Die Taubnessel – die dezente Schönheit

Im Museum empfiehlt es sich oft, ein Kunstwerk aus unterschiedlichen Entfernungen zu bewundern. Die Taubnessel, ob rot oder weiß, verdient es, ganz nahe betrachtet zu werden.

Die Wildpflanze gehört zu den „Lippenblütern“ und lockt übrigens mit unterschiedlichen Blütenfarben auch unterschiedliche Insektenarten an. Das Insekt, etwa eine Hummel, muss etwas in den Schlund der Blüte kriechen und damit wird zunächst der Rücken des Tieres bestäubt. So erklärt sich schnell der griechische Name „Lamium“, denn das bedeutet soviel wie Rachen oder Schlund.

Die Rote Taubnessel Lamium purpureum blüht vom März bis Oktober, die Weiße Taubnessel Lamium album von April bis September. Beide werden und wurden als Heilpflanzen eingesetzt.

Die Weiße Taubnessel, auch Bienensaug, Zauberkraut, Honigblom genannt, wurde in der Frauenheilkunde gegen den „Weißfluss“, was immer das ist, benutzt. Auch bei Blasenleiden, Darmstörungen, Husten, Menstruationsbeschwerden, leichte Verbrennungen soll diese kleine Pflanze helfen.

Die Rote Taubnessel soll neben blutstillender Fähigkeiten auch harntreibende, blutreinigende, kräftigende und erfrischende Wirkung zeigen. Umschläge wirken bei Blutergüssen und Schwellungen heilend.

Diese „zahmen Nesseln“ kann man wenigstens berühren. Auch wenn die Blätter denen der Brennnessel ähneln, haben sie jedoch keine Brennhaare. Wie schaffen diese Wildpflanzen es nur, sich mit unter so üppig fortzupflanzen? Ameisen schleppen die kleinen Früchte (Nüsschen) oft gar an schwer zugängliche Stellen.

Wenn man diese Pflanzen besser kennt, kommt man nicht mehr auf die Idee, sie „Unkraut“ zu nennen. Gerade in blütenärmeren Zeiten ist die Rote Taubnessel eine wichtige Nahrungsquelle für viele Insekten.