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Schöne seltsame Fliege

Man muss ja nicht auf Fliegen fliegen. Aber Interessantes dazu gibt es allemal. Hier eine, die Überraschendes zu bieten hat. Dazu mein Geschichtchen:

Das ist ja so brutal und tragisch! Trag ich schon länger mit mir. Nein, nicht die Wanzenfliege! Ich meine ihr Verhalten. Nascht hier Nektar und Pollen. Wirkt so unbescholten. Aber dann: Legt das Weibchen doch glatt Eier auf Baumwanzen! Nach 2-3 Tage schlüpfen die Larven der Fliege, fressen sich in die Wanze, die lebt noch eine Weile, während sie von innen aufgegessen wird. Will die Larve sich verpuppen, verlässt sie ihren toten Wirt nach zwei Wochen, lässt sich zu Boden fallen, verpuppt sich, schlüpft nach 2,5 bis 4 Wochen und macht dann wieder einen auf „harmlosen Blütenbesucher“! Ist dabei auch träge und lässt sich leicht fotografieren. Diese Fliege ist somit kein „harmloses Lamm“!

Was fliegt denn da?

Die Hain-Schwebfliege, meine liebste Fliege. Sie hat auch ein super Image: sieht attraktiv und unverwechselbar aus, hat unglaubliche Flugkünste und ist unglaublich nützlich. Sie lässt sich zudem leicht züchten für die Schädlingsbekämpfung.

Bei der Ernährung ist sie (anders wie ich 😊) nicht wählerisch. Männchen bevorzugen Nektar, Weibchen mehr Pollen, die Auswahl der Nahrungspflanzen ist riesig. Sie haben dadurch eine bedeutende Rolle bei der Bestäubung (anders wie ich 😊).

Jetzt ein Paar Eckdaten: Die Larve der Hain-Schwebfliege frisst einige Hundert bis über Tausend Blattlausarten, von über 200 verschiedenen pflanzensaugenden Läusearten! Sie packt Läuse, reißt sie hoch, sticht sie an, saugt sie aus. Trotzdem ihrer Fresssucht macht sie nur einmal Stuhlgang: direkt vor der Verpuppung. Man sieht: Verdauung wird oft überbewertet. Noch was Spannendes: Die Larve „atmet“ über das Hinterteil.
Die Schwebfliege verpuppt sich in der letzten Larvenhaut und schlüpft nach etwa einer Woche. Nach ein paar Stunden ist ihr Außenskelett ausgehärtet und sie fliegt los, bis 300 Flügelschläge pro Sekunde, kann in der Luft stehen, rückwärts fliegen, blitzschnell beschleunigen (bis zu dreifacher Erdbeschleunigung). Haben Sie schon mal eine Schwebfliege ferngesteuert: Einfach mal den ausgestreckten Zeigefinger bewegen, die Schwebfliege bleibt fast immer im konstanten Abstand!

Das Weibchen legt über 1000 Eier, wählt dabei gezielt junge Blattlauskolonien aus. In unseren Breiten sind 1 – 2 Generationen möglich. Schwebfliegen sind Migranten. Sie wandern fast vollständig aus dem Mittelmeerraum ein, manchmal wird gar das Mittelmeer gequert. Sie scheuen auch nicht Non-Stopp-Flüge von 400 km (z.B. auf die Färöer-Inseln. Kleines Tier, großes Wunder, nicht nur im Naturschaugarten. Aber leider deutlich weniger wie früher.