Die Rose gilt als die Königin der Blumen. Es gibt kaum einen deutscher Garten oder Park ohne eine oder mehrere Vertreterinnen dieser mittlerweile in mehreren tausend Varietäten gezüchteten Gartenblume. Ihre Bedeutung für die Tierwelt im menschlichen Siedlungsraum ist daher sehr groß.
Die Verwendung von Rosen in Gärten lässt sich bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Zuerst waren es die Mönche, die wilde Rosen nicht der Zierde wegen, sondern als Heilpflanze in die Klostergärten holten. Die erste, noch sehr naturnahe und wenig verbildete Zuchtform aus heimischen Wildrosen hieß demnach auch „Apothekerrose“. Man findet sie gelegentlich noch in Bauerngärten. Ab Beginn des 19. Jahrhunderts wurden für die Gärten der Adeligen und reichen Bürgersleute die ersten modernen Gartenrosen gezüchtet. Dazu kreuzte man einheimische Arten mit ausländischen Wildformen. Ihre prachtvoll gefüllten Blüten bestehen aus zu Blütenblättern umgeformten Staubgefäßen. Das alles geht natürlich auf Kosten des Nutzens für die heimische Tierwelt. Blütenbesuchende Insekten finden in solchen Rosen keinen Nektar mehr, viele Tiere, die sich von den Blättern der heimischen Rosenarten ernähren, konnten mit den ausländischen Kreuzungen nichts mehr anfangen. Außerdem sind die unserem rauen Klima nicht angepassten, südländischen Rosenkreuzungen anfällig für Pilzerkrankungen und Schädlinge, mit denen eine heimische Wildrose leicht fertig wird. Es muss mit chemischen Mitteln nachgeholfen werden.
Die Wildrose hingegen erlitt seit Mitte des vorigen Jahrhunderts ein trauriges Schicksal. Seit 150 Jahren werden in der profitorientierten Waldwirtschaft aufgelichtete, mit lichthungrigen Rosenbüschen durchsetzte Hutwälder mit Bäumen aufgeforstet, natürliche Waldränder von Gestrüpp und Rosensträuchern befreit. Die moderne Agrarwirtschaft duldet keine Hecken mehr in der Landschaft, und wo sie noch bestehen, pflegt sie niemand mehr. Schwachwüchsige Wildrosen werden so von starkwüchsigem Gebüsch erstickt. Noch 1958 beschrieb der deutsche Botaniker Grimme im Raum Kassel 17 heimische Rosenarten, heute sind nur mehr bescheidene Reste einiger weniger Rosensträucher übriggeblieben. Viele ehemals häufige Rosenarten sind in freier Natur heute bereits vom Aussterben bedroht.
Die Tierwelt auf Wildrosen
Im Gegensatz zu ihren protzig-prachtvoll gezüchteten Verwandten werden Wildrosen von uns Menschen verächtlich als „Heckenrosen“, die häufigste Vertreterin der Art gar als „Hundsrose“ bezeichnet. Dabei handelt es sich hier um zarte Blumen von bescheidener, unaufdringlicher Schönheit und von unübertroffenem tierökologischem Nutzen.
Die Wildrose wird nicht zu Unrecht in erster Linie als Käferblume bezeichnet. An manchen natürlichen Standorten kann man mehr als 50 Käferarten darauf finden. Viele sitzen in den Blüten, wo sie entweder Pollen fressen oder in räuberischer Absicht auf Insekten lauern. Der bekannteste davon ist wohl der grünschillernde, pollenfressende Rosenkäfer, der im Jahr 1999 in Deutschland zum Insekt des Jahres ernannt wurde. Blattkäferarten gehen auf Rosenblätter los, Schimmelkäfer lassen sich den an Rosen üblichen Pilzbefall schmecken und die an Rosen zahlreich vorhandenen Blattläuse locken Marienkäfer oder Franzosenkäfer an. Auch das morsche Rosenholz wird genutzt: Bock- und Schnellkäferarten entwickeln ihre Larven darin.
Rosenblätter sind Raupenfutter für nicht weniger als 31 Arten von Kleinschmetterlingen: Zünsler, Holunderbär, Birkenspanner oder Schlehengeistchen. Rosenblüten locken im Frühsommer auch noch andere Insekten an: neben der Honigbiene holen sich davon Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen ihren Nektar. Schwebfliegenlarven ernähren sich von den Blattläusen der Rose, Blattschneiderbienen bauen aus Rosenblättern ihre Brutnester. An Rosenstängeln sitzen Zikaden und saugen am Pflanzensaft, Futter für Raub- und Blumenwanzen. Diese Vielfalt von Insekten lockt deren Feinde an: besonders im Spätsommer und Herbst findet man an Rosensträuchern Unmengen von Spinnen: Radnetzspinnen, Kugelspinnen oder Baldachinspinnen. Insektenfressende Vögel, wie Blaumeisen und Heckenbraunellen, holen sich ihr Futter von den Zweigen. In der Nacht sind es die Fledermäuse, die von dem reich gedeckten Tisch profitieren und Spitzmaus und Igel haben sich auf die Insektenfauna bodennaher Zweige spezialisiert. Auch in der vegetationsfreien Zeit haben Wildrosenbüsche ihren Wert für die Tierwelt: Hagebutten sind Herbst- und Winterfutter für 27 Vogel- und 19 Säugetierarten.
Wildrosen für den Garten
Angesichts der ernsten Situation der Wildrosen denken Naturschützer über Maßnahmen zu deren Rettung nach. Auf landwirtschaftlich stillgelegten Flächen und ungenützten Straßenrändern können Wildrosen angepflanzt werden, abgeholzte Waldränder können renaturiert werden. Eine Möglichkeit, wie jedermann etwas dazu beitragen könnte, ist die Anpflanzung von Wildrosen im eigenen Garten. Im Gegensatz zu den empfindlichen, arbeitsintensiven Zuchtrosen sind Wildrosen sehr robust und pflegeleicht. Sie müssen nicht gedüngt werden, da sie von Natur aus auf magerem Boden wachsen. Sie brauchen keinen Winterschutz. Da sie auf zweijährigem Holz blühen, sollte man sie möglichst wenig schneiden und höchstens alle paar Jahre einmal verjüngen, indem man alte Triebe herausnimmt. Sie vertragen es jedoch auch, bis zum Boden radikal zurückgeschnitten zu werden und treiben dann um so dichter wieder aus. Die meisten Wildrosen gedeihen an sonnigen, trockenen Standorten, es gibt jedoch auch schattenverträglichere Arten, wie Alpenheckenrose oder Essigrose. Hat man einen Garten mit staunassem Grund, wählt man die Zimt-rose: sie blüht in der Natur an feuchten Bachufern. Wildrosen lassen sich im naturnahen Garten sehr vielfältig einsetzen:
Hohe, schnellwüchsige Arten, wie Buschrose (2-4m) oder Hundsrose (3-5m) passen in die wildwachsende Hecke als Grundstücksbegrenzung oder als schmucker Einzelstrauch in eine sonnige Gartenecke. Ihr dichtes, undurchdringliches Dornengestrüpp am Boden bietet einen hunde- und mardersicheren Nistplatz für Igel.
Apfelrose, Blaugrüne Rose und Filzrose gehören zu den kleinwüchsigeren Arten (bis zu 1,50m). Man pflanzt sie in Buschgruppen am Wegrand, einzeln in Vorgärten oder als niedere, wildwachsende Rosenhecke an den Gartenzaun – ein dorniger Schutz gegen Eindringlinge. Rosensträucher setzt man im Abstand von 1m.
Essigrose, Zimtrose und die Deutsche Bibernellrose werden kaum höher als 60cm. Sie passen in Beete und Rabatten und gedeihen sogar in großen Steinguttöpfen. Bibernellrosen sind in der Natur besonders bedroht. Es gibt sie nur mehr an einem einzigen Standort in der Schwäbischen Alp.
Die einzige mitteleuropäische Kletterrose ist die Kriechrose. Sie blüht weiß und kann bis zu 3m hoch klettern. Man begrünt damit Mauern, Pergolen und alte Bäume. Als Bodendecker verwendet bildet sie ein ½m hohes, undurchdringliches Gestrüpp mit vielen Ausläufern.
(Veröffentlicht mit freundlicher Genehmigung der Autorin.)