Portrait der Eberesche

Wenn Blätter von den Bäumen stürzen, die Tage sich verkürzen, — oh nein, jetzt keine herbstliche Traurigkeit, sondern ein Loblied auf ein Gewächs: die Eberesche (Vogelbeere).

Mit ihren scharlachroten Früchten erfreut sie nicht nur den Betrachter, sondern ist eine vorzügliche Nahrungsquelle für 60 Vogelarten. So kommen diese Tiere dank der vitaminreichen Kost besser über den Winter.

Viel Erstaunliches bietet die Eberesche:

Die Beeren enthalten mehr Vitamin C als Zitronen! Der Genuss größerer Mengen frischer Beeren sorgt allerdings für Magenbeschwerden. Bitterstoffe verhindern, dass man zuviel davon isst. Nach dem ersten Frost oder nach Abkochen sind die Beeren genießbar. Die obstbauliche Nutzung ist seit dem Mittelalter bekannt. Karl der Große ließ Vogelbeeren pflanzen. Sie dienten als Heilmittel gegen Skorbut, Lungenkrankheiten und Verstopfung. Die Ausbeute der „Zitrone des Nordens“ für Saft, Gelees usw. ist allerdings gering und aufwendig. Blätter und Blüten werden Heilkräfte bei Husten und Bronchitis zugeschrieben.

Die Eberresche, Sorbus aucuparia, leitet sich von aucupium = Vogelstellerei ab. Denn sie wurde früher für den Singvogelfang genutzt. Dies zählte zu den Vergnügen des kleinen Mannes und bis 1860 landeten trotz Verbote viele Vögel in deutschen Bratpfannen. Die Eberesche ist über Jahrhunderte stark im Leben der Menschen verankert und um sie ranken sich viele Mythen. Keltische Druiden schnitzten Zauberstäbe aus Ebereschenholz, Orakel- und Gerichtsplätze waren von Ebereschen eingerahmt. Sie sollten vor bösem Zauber und Unheil schützen.

Auch bei den Germanen galt dieser Baum als Glücksbringer und war dem Gewittergott Donar (Thor) geweiht. Thor konnte sich aus einem reißenden Fluss retten, indem er sich an einem Ebereschenbaumzweig herauszog. – Um vor Drachen, Blitzen, Hexen und bösen Blicken zu schützen hängte man Ebereschenzweige in die Fenster oder über die Türen.

Auch ohne diese Mythen ist der Baum erstaunlich. Als robuste Baumart kommt er fast mit allen Böden zurecht und hält gar starken Immissionsbelastungen stand. Im Frühjahr sind Ebereschen wichtige Bienennährgehölze. Sie sind Nist- und Ruheplätze für Vögel.

Es gibt in manchen Gegenden einen alten Brauch, zur Hochzeit einen Baum zu pflanzen. Wäre es nicht schön, diesen Brauch aufleben zu lassen? Die Eberesche gilt als Baum des Glücks!